Liebe deine Geschichte. Sie ist der Weg, den Gott mit dir geht.

Zwei Dutzend Barmherzige Schwestern feierten heuer ihr Professjubiläum - Sr. Solemnis schaut zurück auf die Jubiläumsexerzitien

Eine Gruppe von Professjubilarinnen, darunter auch Sr. Solemnis (2.v.r.)

Der Tag im Jahr, in dem sich für Ordensleute der Tag ihrer Profess jährt, hat für Ordensleute eine ähnliche Bedeutung wie der Hochzeitstag für Ehepaare. Und wie z.B. eine Goldene Hochzeit groß gefeiert wird, so feiern Ordensleute auch ihr Professjubiläum. Der Tag, an dem sie die Gelübde der Armut, des Gehorsams und der Ehelosigkeit abgelegt und sich an ihre Gemeinschaft gebunden haben, hat eine besondere Bedeutung in ihrem Leben.

In unserer Gemeinschaft wird einmal im Jahr das Professjubiläum für alle Jubilarinnen zusammen gefeiert. Stellvertretend für die Jubilarinnen schaut Schwester M. Solemnis Simmelbauer (85), die heuer ihr 65-jähriges Professjubiläum beging, mit großer Freude und Dankbarkeit besonders auf die Jubiläumsexerzitien zurück, die vor dem Jubiläumsgottesdienst stattfanden und von Prälat Lindenberger, dem früheren Münchner Caritasdirektor, begleitet wurden:
 

Das Thema der Exerzitien – es ist ein Text von Leo Tolstoi – lautete: „Liebe deine Geschichte. Sie ist der Weg, den Gott mit dir geht.“ Dieser Gedanke war für uns alle einladend, intensiv nachzudenken über meinen/unseren Weg in der Nachfolge Jesu.

Herr Prälat Lindenberger lud uns ein, durch verschiedene Stellen der Heiligen Schrift in die Lebensschule Jesu mitzugehen und machte uns Mut, nachzudenken und inne zu halten, wenn Jesus sagt: „Ich bin der Weg!“ Was bedeutet das für mich jetzt? Jesus stellt auch heute noch diese Frage an mich, an uns: Für wen gehst du? Für wen bist du unterwegs? Bin ich in diesem Unterwegssein in Liebe für die anderen da? Vertraue ich ihm? Fühle ich mich immer noch gesegnet von Gott? Mit diesem Bewusstsein kann ich in Freiheit ein Segen für andere sein. Dasein für die anderen, das war für Jesus der Weg. Und Jesus ging seinen Weg bis zur letzten Konsequenz, bis ans Kreuz.

Ein weiteres Wort Jesu – „Ihr seid das Salz der Erde!“ – macht uns immer wieder in unserem Alltag Mut für „guten Geschmack“, für gute Laune zu sorgen im Leben mit und für die anderen, aber auch für mich selbst. Der hl. Bernhard von Clairvaux macht uns Mut, auch für sich selbst zu sorgen, wenn er sagt: „Gönne dich dir selbst!“

Meine Mitschwestern und ich waren eingeladen, unsere Gedanken zu den Exerzitien zu Papier zu bringen. Hier unsere Worte dazu, was wir aus den Exerzitien mitnehmen:

  • Liebe empfangen und Liebe weitergeben – wie ein Brunnen.
  • Lass mich vorbehaltlos und sorglos den vinzentinischen Weg weitergehen.
  • Dieses Wissen, ich bin von Gott geliebt, gibt mir Kraft für jeden Tag.
  • Mir kam wieder zum Bewusstsein, dass Gott den Weg mit mir gegangen ist und wir in die Schule Jesu gehen.
  • Herr, ich danke dir, dass du mich in meinem Leben durch alle Höhen und Tiefen geführt hast. Erhalte mir diese Freude auch im Alter.
  • Taufe Jesu: „Du bist mein geliebter Sohn“, du bist meine geliebte Tochter!
  • Ich bin geliebt, Gottes Ja bürgt für seine Liebe bis ans Kreuz.
  • Herr, ich will Brunnen sein: empfangen und weitergeben.
  • Dankbarkeit: dem barmherzigen Vater gebührt Dank für die Gnade der Berufung.
  • Gott hat Freude am Menschen. Ich bin geliebt, bejaht und geborgen. Danke.
  • Ich bin von Gott gewollt und geliebt. Vom ersten Augenblick meines Daseins an, bis zum letzten Atemzug, sagt Gott auch heute dieses beglückende Wort zu mir: Du bist meine geliebte Tochter.
  • Ich möchte mich im Altenheim solange ich es gesundheitlich kann, für die Gemeinschaft meiner Mitschwestern nützlich machen.
  • Gottes Segen geht mit uns wie ein schützendes Zelt – und hat mich all die Jahre behütet und begleitet.

Beim feierlichen Jubiläumsgottesdienst am letzten Tag wurden diese aufgeschriebenen Gedanken, zusammen mit den Opfergaben, zum Altar gebracht. Herr Prälat hat sie vor dem Segen vorgelesen und die Zettel einzeln auf den Altar gelegt. Das war für alle Teilnehmer des Gottesdienstes sehr bewegend.