Rosenkranz - ein Ausdruck der Auferstehungshoffnung

Die Gebetskette gehörte von Anfang an zum Ordenskleid der Barmherzigen Schwestern

Annähernd allen Weltreligionen gemeinsam ist der Gebrauch einer Gebetskette beim betrachtenden Gebet oder der Meditation.

Die christliche, speziell katholische Form der Gebetskette stellt der Rosenkranz dar. Seit dem Hochmittelalter dient er in seinen freudenreichen, schmerzhaften und glorreichen Geheimnissen der Betrachtung des Lebens, der Passion und der Auferstehung Jesu und fand rasch weite Verbreitung. Auf zahlreichen Portraits des ausgehenden Mittelalters und der Renaissance ist fast selbstverständlich ein Rosenkranz als Ausweis der Frömmigkeit des Dargestellten mit abgebildet. Im Zeitalter der Gegenreformation wird der Rosenkranz zum äußeren Zeichen des Katholiken schlechthin. Kurfürst Maximilian verpflichtet dann auch 1640 jeden bayerischen Bürger per Gesetz zum Besitz eines Rosenkranzes. Als Standeszeichen wird der Rosenkranz bald Teil der Tracht verschiedener Männer- und Frauenorden, z.B. Dominikaner, Franziskaner, Ursulinen und vieler anderer.

Von Anfang an war ein großer Rosenkranz auch Teil der Tracht der Barmherzigen Schwestern in München. Getragen wurde er am Gürtel zum so genannten „Kirchenkleid“, dem festlichen schwarzen Kleid, das täglich zum Gottesdienst getragen wurde und vom „Arbeitskleid“ zu unterscheiden war. Dieser Rosenkranz begleitete eine Schwester ihr ganzes Ordensleben: Sie erhielt ihn bei der Profess, die tägliche Danksagung nach der Kommunion verrichtete sie mit dem Rosenkranzkreuz in der Hand und nach dem Tod wurde er ihr in den Sarg mitgegeben.

Auf dieser Seite abgebildet ist ein älterer Rosenkranz aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Besonderheit dieses frühen Schwesternrosenkranzes ist, neben einer vergoldeten Medaille mit der Darstellung des hl. Vinzenz von Paul, ein so genanntes „Wendehaupt“ aus Elfenbein, das am unteren Ende des Rosenkranzes angebracht ist. Es zeigt auf der einen Seite einen Totenschädel, den „Schädel Adams“ und auf der anderen Seite das Antlitz Christi. Diese auf mittelalterliche Vorbilder zurückgehende Darstellung ist zum einen „Memento mori“, also Hinweis auf die eigene Vergänglichkeit und zugleich Ausdruck der christlichen Auferstehungshoffnung: Christus hat durch seinen Tod und seine Auferstehung den Tod bezwungen und die Menschheit erlöst - das Leben siegt über den Tod.

Seit der Vereinfachung der Ordenstracht der Barmherzigen Schwestern nach den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils ist der große Rosenkranz nicht mehr Teil der Ordenstracht. Das „Wendehaupt“ war schon vorher außer Gebrauch gekommen.

Manuel Götz